Warum war eine Neuordnung des Notariatswesens in Baden-Württemberg erforderlich?
Wie auch im Grundbuchwesen wiesen die Notariate in Baden-Württemberg eine historisch gewachsene Struktur auf, die es sonst nirgends mehr in Deutschland und Europa gab. Und ebenso wie im Grundbuchbereich gab es auch im Notariatswesen zwischen den Landesteilen Baden und Württemberg völlig unterschiedliche Strukturen. Im badischen Landesteil gab es die sogenannten Richternotare, dies waren Volljuristen im Landesdienst. Im württembergischen Landesteil waren so genannte Bezirksnotare in einer dem gehobenen Dienst zuzurechnenden Sonderlaufbahn tätig. Dazu kamen auch vor der Notariatsreform bereits einige freie Notarinnen und Notare.
Was passiert bei der Notariatsreform?
Zum 1. Januar 2018 wurden alle bisherigen rund 300 staatlichen Notariate aufgelöst, so dass Beurkundungen nunmehr ausschließlich von freiberuflich tätigen Notarinnen und Notaren wahrgenommen werden.
Notare, die bisher im Landesdienst tätig waren, konnten auf ihren Antrag hin aus dem Landesdienst in den Status eines selbstständigen Notars zur hauptberuflichen Amtsausübung wechseln.
Die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden seit dem Stichtag wie im übrigen Bundesgebiet durch die Amtsgerichte erledigt.
Was war das Ziel der Notariatsreform?
Ziel der Notariatsreform war es, dass ab dem Stichtag 1. Januar 2018 alle notariellen Aufgaben in Baden-Württemberg – wie im übrigen Bundesgebiet – von selbständigen Notaren ausgeführt werden. Es gibt seitdem keine staatlichen Notariate mehr.
Worin lag die besondere Herausforderung der Notariatsreform?
Die besondere organisatorische Herausforderung bei der Umsetzung der Notariatsreform lag darin, dass die umfassende Strukturänderung landesweit zum Stichtag 1. Januar 2018 erfolgen musste. Dies bedeutete, dass die bisherigen notariellen Strukturen bis zum 31. Dezember 2017 möglichst gut funktionieren mussten, obwohl für viele Beteiligte zum Jahreswechsel 2017/18 auch ein Wechsel des Arbeitgebers beziehungsweise ein Wechsel in die Selbständigkeit erfolgte. Gleichzeitig mussten die neuen Strukturen dann ab 1. Januar 2018 greifen. Die Strukturen mussten also quasi „über Nacht“ verändert werden.
Wo sind seit dem Inkrafttreten der Notariatsreform freie Notarinnen und Notare tätig?
Das Justizministerium hatte frühzeitig ein Standortkonzept zur Umsetzung der Notariatsreform entwickelt. Dieses sollte eine möglichst wohnortnahe Versorgung mit notariellen Dienstleistungen sicherstellen und den neuerdings freien Notaren eine auskömmliche freie Berufstätigkeit ermöglichen. Am 1. Januar 2018 gab es dann an 138 Standorten im Land freie Notarinnen und Notare. Mit dem zurückhaltend kalkulierten Standortkonzept ist jedoch keine dauerhafte Festschreibung der Notarstellen in Baden-Württemberg verbunden. Das Justizministerium prüft vielmehr laufend, inwieweit Anpassungen erforderlich sind und weitere Notarstellen ausgeschrieben werden können.
Hatte die Reform Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger auf etwaige Kosten für notarielle Dienstleistungen?
Die Notariatsreform hatte für die rechtsuchende Bevölkerung keinerlei Auswirkungen auf die Höhe der Notarkosten. Unterschriftsbeglaubigungen können zudem auch weiterhin durch Ratschreiber der Städte und Gemeinde erfolgen.
Was passierte mit den bisherigen verbeamteten Notaren?
Zahlreiche Notarinnen und Notaren sind zum 1. Januar 2018 in ein selbständiges Notaramt gewechselt. Diejenigen verbeamteten Notare, die sich entschlossen hatten, im Landesdienst zu bleiben, erhielten Anschlussverwendungen, zum Beispiel bei Amtsgerichten, die zum Stichtag die Aufgaben des Nachlass- und Betreuungsgerichts sowie des Grundbuchamts übernommen hatten.
Müssen Bürgerinnen und Bürger für Beurkundungsgeschäfte stets an den Geschäftsort eines freien Notars kommen?
Nein, die freien Notare können beispielsweise in Gemeinden, in denen es bis Ende 2017 ein staatliches Notariat gab, auswärtige Sprechtage anbieten, wo dies zur Versorgung der Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll ist.
Wo werden Betreuungs- und Nachlassangelegenheiten seit dem Inkrafttreten der Notariatsreform bearbeitet?
Wie im übrigen Bundesgebiet sind seit 1. Januar 2018 für Betreuungsangelegenheiten die Amtsgerichte zuständig. Die Nachlasssachen sind denjenigen Amtsgerichten zugewiesen worden, bei denen bereits zuvor das Familiengericht angesiedelt war. Damit ist auch nach der Notariatsreform die Versorgung der Bevölkerung mit den Dienstleistungen der Nachlass- und Betreuungsgerichte in der Fläche gewährleistet.